- sich die Befunde nicht 1:1 auf die deutsche Schulwirklichkeit übertragen lassen, da sich Hatties Datengrundlage v.a. auf das angelsächsische Bildungssysteme bezieht.
- Kreativität oder Demokratiefähigkeit, der Sinn für Ästhetik und für das Soziale in Hatties Listen als Lernziele nicht auftauchen, da ihn nur messbare kognitive Fachleistungen interessierten.
Ich beziehe mich nachfolgend auf den Artikel aus der Zeit.
Am Ende seiner Studie stellt Hattie eine Art Bestenliste der wirkungsvollsten pädagogischen Programme zusammen. Ganz unten in der Tabelle: Äußere Strukturen von Schule und Unterricht. Die größten Unterschiede im Lernzuwachs bestehen nicht zwischen Schulen, sondern zwischen einzelnen Klassen, und das bedeutet: zwischen einzelnen Lehrern. Das ist Hatties zentrale Botschaft! Was SchülerInnen lernen, bestimmt der einzelne Pädagoge. Alle anderen Einflussfaktoren – die materiellen Rahmenbedingungen, die Schulform oder spezielle Lehrmethoden – sind dagegen zweitrangig. Auf den guten Lehrer kommt es also an.
Für Hattie darf ein guter Lehrer kein bloßer Lernbegleiter sein, kein Architekt von Lernumgebungen. Will er etwas erreichen, muss ein Lehrer sich vielmehr als Regisseur verstehen, als »activator«, der seine Klasse im Griff und jeden Einzelnen stets im Blick hat. Auch dass die Individualisierung des Unterrichts per se eine hohe Lernwirksamkeit besitzt, kann man nach Hatties Befunden nicht sagen. Vielmehr sind folgende Lehrereigenschaften sehr erfolgsversprechend:
- stringenten Klassenführung
- Transparenz und Klarheit (SchülerInnen also verständlich machen könne, was man als Lehrer von ihnen will)
- Perspektivwechsel und permanente Selbstreflexion (»Ein guter Lehrer sieht den eigenen Unterricht mit den Augen seiner SchülerInnen«/ Wenn meine Klasse nicht vorankommt, sollte die Frage lauten, was mache ich falsch, was kann ich ändern?).
- Feedbackkultur pflegen (Kein anderes Instrument kann in Hatties Ranking eine größere Effektstärke aufweisen als die systematische Selbsteinschätzung von SchülerInnen. Hattie predigt eine Kultur des »Feedbacks«, kein Begriff fällt häufiger in seinem Buch.)
- Fehler schätzen (Fehler als die eigentlichen Treiber allen Lernens/ »the essence of learning« begreifen).
- Breites Repertoire an Unterrichtsstilen (besonders wirksam ist die »direkte Instruktion«, also der häufig als Lehrermonolog missverstandene Frontalunterricht. Auch der offene Unterricht kann durchaus ertragreich sein – wenn die SchülerInnen dem eigenständigen Lernen gewachsen sind und die LehrerInnen es gründlich vorbereiten und über seinen Verlauf penibel wachen. Dass beides jedoch anscheinend selten zutrifft, darauf verweisen Hatties Forschungsergebnisse. Jedoch, ein guter Lehrer verfügt für Hattie eh über ein breites Repertoire von Unterrichtsstilen, die er je nach Klasse ausprobiert, »evidenzbasiert« prüft und – wenn nötig – auch wieder verwirft. »There are no magic bullets«, sagt Hattie, es gibt keine pädagogischen Patentrezepte.)
- Emotionale Seite des Lernens berücksichtigend (Ohne Respekt und Wertschätzung, Fürsorge und Vertrauen könne Unterricht nicht gelingen.)
Gute Pädagogen sind also wichtig. Die logische Schlussfolgerung: es gibt auch schlechte Vertreter des Metiers. Letztlich müssten wir laut Hattie also weniger unser Bildungssystem grundlegend umdenken, als vielmehr den Lehrer ins Zentrum allen Redens über Schule stellen. Denn, auf den Lehrer kommt es an! Die ZEIT fragt diesbezüglich: „Das klingt banal, (…). Doch warum glaubt die Politik noch immer, Lernergebnisse mit Strukturreformen verbessern zu können? Wieso blüht gerade in der deutschen Schuldebatte ein Methodenglauben?“ Man ist geneigt, nach der Begegnung mit Hans Wocken, sich letztere Frage selbst einmal zu stellen?
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